Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach Schussabgabe auf 46-Jährigen am 30.03.2024
Nienburg/Weser Das Ermittlungsverfahren gegen 14 Polizeibeamte anlässlich der am 30.03.2024 im Rahmen eines polizeilichen Einsatzes abgegebenen Schüssen aus Dienstwaffen, durch die ein 46-Jähriger tödlich verletzt wurde, wurde eingestellt.
Im Zuge der Ermittlungen wurden im Wesentlichen die Munitionsbestände der Dienstwaffen erhoben, zwei Bodycam-Aufzeichnungen ausgewertet und ein rechtsmedizinisches sowie ein waffentechnisches Gutachten eingeholt.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist von folgenden Geschehen auszugehen: Hintergrund des Polizeieinsatzes an der Wohnanschrift des 46-Jährigen war ein Notruf, der polizeilich als Bedrohungssituation mit Messer klassifiziert wurde. Als daraufhin mehrere Polizeibeamte die Wohnanschrift aufsuchten, wurden Drohungen ausgesprochen, wonach das Messer auch zum Nachteil der Beamten eingesetzt werden könnte. Beim anschließenden gewaltsamen Öffnen der Tür soll dem 46-Jährigen ein Messer aus der Hand gefallen sein. Daraufhin ergriff er im Wohnzimmer ein weiteres Messer, mit dem er auf die Polizeibeamten zuging. Nachdem er verbalen Aufforderungen, das Messer fallen zu lassen, nicht Folge leistete, trat der 46-Jährige auf den Terrassenbereich, wo bereits weitere Polizeibeamten postiert waren. Mehrfaches, auch mehrsprachiges kommunikatives Einwirken auf den 46-Jährigen, um ihn zum Ablegen des Messers zu bewegen, blieb erfolglos. Dies lehnte er wiederholt ab.
Die Gefahrenlage spitzte sich zu, als der 46-Jährige im Terrassen-/Gartenbereich der Wohnung auf zwei Beamte losging und mit dem Messer mehrfach in deren Richtung stach, wobei ein Stich mit einem Polizeischild abgewehrt wurde. Anschließend stand er mit vorgehaltenem Messer vor zwei weiteren Beamten. Ab dieser Verdichtung der Gefahrenlage sind in kurzer Abfolge mehrere Schüsse auf den 46-Jährigen abgegeben worden.
Soweit nach den Untersuchungen zwei tödliche Schüsse den Dienstwaffen zweier Polizeibeamter zugeordnet werden konnten, sind diese Schüsse, sowie die Schussabgaben eines weiteren Beamten unter Einhaltung der Regelungen des Niedersächsischen Polizeigesetzes gerechtfertigt erfolgt.
Nach den maßgeblichen Vorschriften des Niedersächsischen Polizeigesetzes dürfen Schusswaffen gegen Personen nur als letztes Mittel gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist. Die Beurteilung dieser Gefahrenlage richtet sich nach der Situation zum Zeitpunkt des Schusswaffeneinsatzes.
Danach und unter Berücksichtigung des vorstehend geschilderten Sachverhalts haben die Ermittlungen ergeben, dass die Schusswaffen als letztes Mittel eingesetzt wurden, als eine gegenwärtige Lebensgefahr ausgehend von dem 46-Jährigen für die Polizeibeamten bestand. Mildere Mittel zur Deeskalation wie ausführliche Gespräche mit mehrfacher Aufforderung, das Messer fallen zu lassen, der Einsatz von Hilfsmitteln wie eines Reizsprühgeräts und Diensthundes und schließlich auch das Androhen der Anwendung der Schusswaffe während des Einsatzes zeigten keine Wirkung und waren in der hochdynamischen Bedrohungslage zum Zeitpunkt der Schussabgaben erfolglos ausgeschöpft.
Soweit bei dem Einsatz versehentlich eine Polizeibeamtin durch eine Schussabgabe getroffen worden war, wurde das Ermittlungsverfahren ebenfalls eingestellt. Insoweit wurde kein vollständiges Projektil gefunden, weshalb nicht ermittelt werden konnte, durch konkret welche Dienstwaffe der betreffende Schuss abgegeben wurde.